Corona und die Folgen

Entschädigungsansprüche für Vermögensschäden aufgrund der Corona-Maßnahmen

Im Laufe der vergangenen Tage haben alle Landesregierungen durch sog. Allgemeinverfügungen Ausgangsbeschränkungen für Bürger und Schließungsanordnungen für ganze Gewerbekreise angeordnet. Ganz überwiegend wird als Rechtsgrundlage für die Verfügungen die Regelungen aus dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) genannt. Die Zuständigkeit für den Erlass solcher Algemeinverfügungen liegt zwar grundsätzlich bei den Gemeinden und Landkreisen, das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftliche Zusammenarbeit (SMS) hat aber hier die Kompetenzen an sich gezogen, was bei Weisungsaufgaben ohne weiteres möglich ist. Die Allgemeinverfügung datiert vom 22.3.2020 und ist unter dem AZ 15-5422/10 veröffentlicht und auch leicht im Internet zu finden.

Durch die getroffenen Entscheidungen sind Bürger und Unternehmen unmittelbar und mittelbar betroffen und erleiden dadurch wirtschaftliche Einbußen bis hin zur (unverschuldeten) Zahlungsunfähigkeit.

Fraglich ist, ob und in welchem Umfang den von diesen Maßnahmen Betroffenen Entschädigungsleistungen von staatlicher Stelle zustehen, dabei geht es nicht um die Hilfsmaßnahmen, die der Bund, die Länder und teilweise auch die Städte beschlossen haben. Diese Hilfsmaßnahmen sollen und müssen natürlich in Anspruch genommen werden.

A. Ansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz

Nach § 56 I S.1 IfSG kann derjenige der als Ausscheider (gibt die Krankheit weiter ohne selbst erkrankt zu sein bzw. hat die Erkrankung bereits überwunden), Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als Träger nach § 31 S.2 IfSG einem Verbot der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt und einen Verdienstausfall erleidet, Entschädigung in Geld verlangen.

Ausnahme: eine Impfung wäre möglich gewesen (§ 56 I S. 3 IfSG) was hier nicht der Fall ist.

Problem: Die Regelungen der Allgemeinverfügung enthalten keine ausdrücklichen Verbote der Ausübung der Erwerbstätigkeit, gleichwohl aber faktische Verbote durch Schließungsanordnungen. Im Übrigen würde dies nur auf angestellte Arbeitnehmer im Rahmen einer Firmenschließung zutreffen.

Nach § 56 I S.2 IfSG gilt die Regelung auch für Abgesonderte, also zunächst für Menschen unter Quarantäne. Der Begriff ist aber m.E. weit zu verstehen, sodass jegliche Form der Absonderung zu einem Anspruch führt soweit die weiteren Voraussetzungen vorliegen.

Wie man aus der Regelung selbst erkennen kann, richtet sich die Entschädigungsberechtigung danach, ob der Betroffene selbst Adressat eines Verbotes wurde. Die mittelbar Betroffenen, die nur aufgrund der Auswirkungen es Tätigkeitsverbots Ausfälle erleiden sind von den Regelungen nicht umfasst. Daneben kommt aber eine analoge Anwendung in Betracht, da der Gesetzgeber wohl der derzeit vorherrschenden Lage nicht Gedachte.

Umfang der Erstattung:

Die Regelung unterscheidet zunächst zwischen Arbeitnehmern und Selbständigen (§ 56 III S. 1 u. 4 IfSG). Ganz allgemein richtet sich die Entschädigung nach der tatsächlichen Höhe des Verdienstausfalls (§ 56 II IfSG).

Arbeitnehmer: Bei Arbeitnehmern richtet sich die Entschädigung nach dem vorher erzielten Arbeitsentgelt (§ 56 III S. 1 IfSG).

Die Entschädigung ist für die Dauer von 6 Wochen vom Arbeitgeber („für die Behörde“ § 56 V IfSG) zu zahlen, danach von der zuständigen Behörde.

Der Arbeitgeber kann die Entschädigung, die er zu leisten hatte, also von der zuständigen Behörde zurückfordern (m.E. ist das der Verfügungsgeber, also das SMS). Nach Ablauf der 6 Wochen Zahlung durch den Arbeitgeber muss auch der Arbeitnehmer die Entschädigung bei der Behörde beantragen. Die Antragsfrist für beide beträgt 3 Monate ab Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder dem Ende der Absonderung.

Anrechnungen für den Arbeitnehmer ergeben sich aus § 56 VIII IfSG.

Selbständige: erhalten 1/12 der bisherigen Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit des letzten Jahres. Dies deshalb, weil die Entschädigung wohl monatlich ausgezahlt wurde. Auch hier ist die Antragsfrist von 3 Monaten zu beachten.

Zu beachten ist auch die Regelung bei Existenzgefährdung (§ 56 IV IfSG).

Auffällig ist, dass die Regelungen nur Arbeitnehmer und Selbstständige betreffen. Unternehmen selbst bekommen nur die Entschädigungszahlen erstattet. Dass ein Unternehmen kein Selbständiger, ergibt sich der Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Selbstständigen. In Betracht kommt aber eine analoge Anwendung auf.

Fazit :

Die Entschädigungen nach dem IfSG sind nur für einen bestimmten Personenkreis zugängig, nämlich den von den Allgemeinverfügungen direkt als Adressaten ausgewiesen sind. Allerdings sind analoge Anwendungen der Entschädigungsregelungen denkbar.

B. Ansprüche auf Entschädigung nach dem Sächsischen Polizeibehördengesetz

Eine Entschädigung für die durch die Allgemeinverfügung des SMS Betroffenen kann sich aus § 41 SächsPolBehG ergeben. Dort ist geregelt, dass ein Schaden, den jemand durch eine Maßnahme einer Polizeibehörde erleidet, zu ersetzen ist, gleich ob es sich um eine rechtwidrige oder rechtmäßige Maßnahme handelt.

Die Vorschrift ist sogar als Auffangtatbestand ausgebildet („soweit nicht in anderen Vorschriften geregelt“, Absatz V).

Nach § 1 I Nr. 1 SächsPolBehG ist das SMS als Staatministerium oberste Landespolizeibehörde. Die Allgemeinverfügung ist eine Maßnahme. Damit besteht eine Ersatzpflicht für die Folgen der Allgemeinverfügung.

§ 41 SächsPolBehG ist dabei nur ein Ausdruck allgemeiner Regeln, die schon so lange ich juristisch denken kann gelten: Enteignungsgleiche Eingriffe (rechtswidrige) oder enteignende Eingriffe (rechtmäßige), die ein Sonderopfer für die Betroffenen bedeuten, sind zu entschädigen.

C. Empfehlung

Wie eingangs bereits geschrieben, gibt es Hilfsprogramme des Staates, die Sie in jedem Fall nutzen müssen. Ihr Steuerberater oder Ihr Rechtsanwalt kann Sie bei der Antragstellung unterstützen. Darüberhinausgehende mögliche Entschädigungsansprüche sollten Sie – ggfs. auch unbeziffert - zeitnah anmelden. Adressat dieses Anspruches ist – wie die vorgenannten Ansprüche aus dem IfSG - das SMS, also der Freistaat Sachsen.

Am besten, Sie vereinbaren dazu mit einem Rechtsanwalt einen Erstberatungstermin. Der Erstberatungstermin kostet nicht die Welt und dabei kann man schnell abklären, ob Sie einen Anspruch haben könnten und ob es sinnvoll ist, dies zu tun.


Dresden, den 31.3.2020