Die Polizei Dein Freund und Helfer!

Wie die Polizei in Dresden versucht, Falschparker vor dem Abschleppen zu schützen

Dinge gibt es, die dann doch manchmal erstaunen. Ich vertrete in Dresden ein Abschleppunternehmen, welches im Auftrage privater Grundstücksbesitzer Autos abschleppt, die auf oder vor deren Grundstücken jedenfalls „besitzstörend“ abgestellt wurden. Die Autos werden dann bei dem Abschleppunternehmen sichergestellt und können von den Haltern gegen Bezahlung der Kosten wieder abgeholt werden. Die Kosten, die geltend gemacht werden, halten sich – das ist durch mehrere Sachverständigengutachten bestätigt – im ortsüblichen Rahmen.

Nun gibt es seit ungefähr 2018 den Versuch von Polizeibeamten, das Abschleppen von Fahrzeugen mit kleinen Abschleppwagen mit Hubbrille zu unterbinden. Das war bis Mitte 2018 in Dresden erlaubt und ist es heute noch so gut wie überall in der Bundesrepublik. Jetzt wird eine Schleppgenehmigung verlangt, die das Landesamt für Straßenbau und Verkehr aber zutreffender Weise nicht erteilt, weil es dafür keinen Grund gibt. Auf das Angebot meiner Mandantschaft an die Polizei, die abgestellten Fahrzeuge nur bis zu einer geeigneten Stelle abzuschleppen, wo man sie gefahrlos umladen kann, wurde wieder darauf verwiesen, dass man auch dafür eine Schleppgenehmigung beantragen müsste, die es aber nicht gibt. Mit anderen Worten: Die Polizei will verhindern, dass Fahrzeuge, die unerlaubt auf fremden Grundstücken stehen, überhaupt abgeschleppt werden. Zumindest versucht sie das. Was man erreichen kann: Das Abschleppen wird wesentlich aufwendiger, teurer und die Gefahr von Sach- und Personenschäden steigt.

Zu der Problematik gab es 2017 in der Zeitschrift VERKEHRSDIENST einen Aufsatz von Bernd Huppertz, Erster Polizeihauptkommissar und Dozent an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Köln. Der Autor hat mit der Auseinandersetzung hier in Dresden nichts zu tun, aber er ist der, der – soweit ich das beurteilen kann – zum ersten mal die Auffassung veröffentlicht hat, dass verbotswidrig oder besitzstörend abgestellte Fahrzeuge nur mit Schleppgenehmigung weggeschleppt werden dürfen.

https://www.bernd-huppertz.de/wp-content/uploads/2018/08/VD2017-2-14-Abschleppen.pdf

Da ich es ungerecht fand, dass in den Prozessen die Gegenseite auf einen Artikel verweisen konnte, habe ich eine Entgegnung darauf geschrieben, die im November 2020 in derselben Zeitschrift veröffentlicht worden ist.

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Das könnte der Beginn einer sehr spannenden öffentlichen Diskussion werden.






Corona – rechtliche Probleme des Lockdowns und der Lockerungen

Handlungsempfehlungen für betroffene Arbeitnehmer, Selbständige und Unternehmen 

Die Corona-Geschichte beschäftigt uns alle. Mich als juristisch denkender Mensch und als Rechtsanwalt vielleicht mehr als andere. Ich habe mich sehr früh (am 21.3.) auf meiner Homepage positioniert: Ich bin der Auffassung, dass die, die von den Maßnahmen betroffen sind, einen Anspruch auf Entschädigung haben. Diese Position ist – wenn ich die Presseberichte richtig deute – „im Vordringen befindlich“, aber bei Weitem nicht herrschende Meinung. Der Gedanke ist aber zwingend, weil alles andere einfach ungerecht ist. Eine Ungerechtigkeit, die unsere Gesellschaft schwer belastet.

Im Folgenden lege ich einige grundlegende Überlegungen zu der Korona-Krise dar, um daraus am Ende ein paar Handlungsempfehlungen abzuleiten.

1. Die Sachlage

Voranstellen sollte man vielleicht, dass wir alle, auch die, die jetzt um ihre Existenz bangen, noch glücklich sein können, dass wir in Deutschland leben und so regiert werden, wie wir regiert werden. In Italien, Spanien, den USA oder vielen anderen Ländern wäre die Chance, dass es einem wesentlich schlechter gehen würde, ausgesprochen groß.

Die Tatsache, dass es auf der ganzen Welt kaum ein Land gibt, welches vernünftig auf die Pandemie vorbereitet war, scheint in der Natur der Sache zu liegen. Nachhaltigkeit ist unseren politischen Systemen fremd. Das gilt sogar für China, das bekanntlich in größeren Zeitabschnitten denkt, aber z.B. mit Umweltschutz und dergleichen mehr auch nichts am Hut hat.

Dies vorausgeschickt ist einiges anzumerken:

Dass diese Pandemie (oder so etwas wie diese Pandemie) kommen würde, ist seit über 10 Jahren bekannt.

Der Risikoanalyse des Robert Koch Instituts Pandemie Virus Modi Sars, die von den Bundesländern beauftragt worden war, liegt seit Ende 2012 vor und ist seit Anfang 2013 öffentlich. Das war schon eine recht präzise Vorausschau auf diese Pandemie. Die Schweinegrippe in 2009/2010 mit bis zu 500.000 Toten hatte gerade in den USA den Wert einer Bevorratung mit Atemschutzmasken und Schutzkleidung gezeigt.

Vergessen wurde in der Folge, sich auf die Pandemie vorzubereiten.

Es wurde vergessen, die Testkapazitäten auszubauen, stattdessen wurden diese abgebaut, soweit das überhaupt noch möglich war.

Das Gesundheitssystem wurde ausgedünnt, anstatt es zu stärken.

Die Gesundheitsämter wurden personell reduziert, anstatt sie aufzustocken.

Es wurde keine Lagerhaltung für Schutzkleidung, Masken und Infektionsmittel, die auf den Bedarf einer Pandemie zugeschnitten sind, angelegt.

Und ab Anfang Januar, als man mit der Pandemie nun wirklich rechnen konnte, wurde vergessen, dass es sich die Risikoanalyse von 2012 anzusehen. Der amerikanische Geheimdienst hatte im Übrigen schon im November 2019 über eine auffällige Steigerung von Infektionskrankheiten in Wuhan/China berichtet. Schwer vorstellbar, dass das in Deutschland niemand mitbekommen hätte.

Das Wichtigste aber, was man in den Jahren zuvor unterlassen hatte: Es wurde kein Pandemie-Gesetz erarbeitet, es wurde keines diskutiert und dementsprechend auch nicht verabschiedet. Dass das RKI nicht auf die Idee gekommen ist, das Infektionsschutzgesetz könnte nicht ausreichend sein, kann man schon wenig nachvollziehen, unglaublich ist aber, dass keinem Politiker so etwas eingefallen und bei der Veröffentlichung der Studie aufgefallen ist.

Das führte dazu, dass im Februar/März 2020 die Bundesregierung und dann die Länderregierungen in die Grundrechte von Bürgern in beispielloser Weise eingriffen, ohne dazu eine ausreichende gesetzliche Grundlage zu haben. Eingriffe, die Millionen von Menschen zwang, sich mit Einkommenseinbußen von bis zu 40% zufrieden zu geben. Menschen, die alle nicht zu den Großverdienern gehören. Eingriffe, die die Rechte der Kinder auf Bildung in Frage stellten und die Rechte der Eltern auf Betreuung und Unterrichtung ihrer Kinder suspendierten.

Eingriffe, die dazu führten, dass mehreren hunderttausend Unternehmen die Ausübung ihres Gewerbes zunächst faktisch unmöglich gemacht, dann direkt untersagt wurde.

Maßnahmen, die im März aufgrund der Anzahl der erkrankten Personen möglicherweise als übergesetzlicher Notstand notwendig waren. Allerdings hätte es zum einen nicht soweit kommen müssen und zum anderen gibt es nicht wenige kluge Leute, die die Notwendigkeit der Maßnahmen insgesamt in Frage stellen. Ich selbst habe dazu keine Meinung. Ich weiß einfach nicht, was notwendig ist. Ich halte mich an die Regeln, hinterfrage aber ihrer Rechtmäßigkeit.

Aber unabhängig davon, wie man dazu steht, waren und sind es Maßnahmen, die den Betroffenen schlicht ungerecht erscheinen mussten: Ein Einzelhandelsunternehmer, der Schuhe verkauft, darf das nicht mehr, und sein Unternehmerkollege und Nachbar, der daneben Brötchen anbietet, hat keine Probleme. Ein Gastronom muss seine Gaststätte schließen und nach dem erklärten Willen der Bundesjustizministerin soll der Vermieter dieses Gastronomen gleichwohl seinen Anspruch auf Miete behalten. Der freie Musiker ist ohne Einkommen, der Kollege im städtischen oder staatlichen Orchester verdient weiter richtig gut und muss dafür nicht einmal arbeiten. Während Millionen von echten Existenzsorgen geplagt sind, machen andere aus der Krise das Geschäft ihres Lebens. Obwohl es ganz vorrangig um den Schutz der älteren Menschen über 70 geht, bezahlen die Maßnahmen die vor allem die jüngeren und die nächste Generation.

Das Unbehagen, dass die Maßnahmen auslösen, hat nicht nur seinen Grund in den Freiheitsbeschränkungen, die damit verbunden sind. Es hat nicht nur seinen Grund darin, dass berechtigte Zweifel an der Erforderlichkeit der Maßnahmen bestehen. Es ist aber m.E. vor allem die Ungleichbehandlung, die das Unbehagen befeuert. Man verlangt von einem Teil der Bevölkerung (inzwischen gibt es über 10 Millionen, die von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit betroffen sind) und einem Teil der Unternehmer und Selbständigen (zur genauen Zahl kann ich nichts sagen, es dürften aber schon mehrere hunderttausend sein), ein Sonderopfer. Die, die sich dagegen wehren, haben das Problem, dass sie einen Kampf für die eigenen Interessen führen. Die, die Maßnahmen verteidigen, haben das Problem, dass sie „gut reden haben“, wenn sie nicht betroffen sind.

Es hilft den Betroffenen, die nicht wissen, wie sie ihre Miete bezahlen sollen, die überlegen, ob sie jetzt Insolvenz anmelden müssen, wenig, dass sie sich für eine gute Sache opfern. Ihr Opfer ist nicht freiwillig. Sie wurden nicht gefragt. Und es ist nicht einmal sicher, dass ihr Opfer etwas geholfen hat. Mehr als die Hälfte der intensivmedizinischen Maßnahmen kann den Tod des Erkrankten nicht verhindern. Wir haben keine verlässlichen Zahlen über die tatsächliche Gefahr und den Angaben des Robert-Koch-Instituts nicht blind zu trauen, muss kein Ausdruck einer problematischen Grundhaltung zu unserem Gemeinwesen sein. Die Rolle des RKI in dieser Pandemie wird man vermutlich noch kritisch beleuchten und dass man dort Erklärungsprobleme hat, dürfte den Protagonisten auch bekannt sein.

Die Eingriffe wurden – deswegen sind sie so ungerecht – nicht mit der eigentlich geschuldeten und im Infektionsschutzgesetz grundsätzlich vorgesehenen Entschädigungszusage verbunden. Sie sind verbunden mit Hilfszusagen, die für sehr viele absolut unzureichend und für die meisten gar nicht vorgesehen sind.

Diese Hilfszusagen führten zusätzlich zu einem weiteren Unrecht: Natürlich gibt es viele, die besonders schnell sind, wenn es irgendwo irgendwas umsonst gibt. Dass dies häufig nicht die Leistungsträger unserer Gesellschaft sind, dürfte ein Allgemeinplatz sein. Vile Unternehmer oder Selbständige sind durch die staatlichen Hilfen an Geld gekommen, das sie im Leben in dieser Zeit nicht verdient hätten und es sehr, sehr viele, die kein Geld mehr bekommen haben, weil sie in der Liste der Antragsteller auf einen Platz geraten sind, der nicht mehr berücksichtigt wurde. Da tröstet es wenig, dass denen, die Leistungen zu Unrecht bezogen haben, es ganz sicher in ein paar Jahren bitter bereuen werden, so gierig gewesen zu sein.

Das größte Unrecht offenbart sich, wenn man die Situation von betroffenen Unternehmern und betroffenen Konzernen vergleicht: Nahezu alle kleinen und mittleren Unternehmer, alle Mittelständler müssen ihr Erspartes opfern und sie bekommen bestenfalls Hilfe zum Ausgleich ihrer Verluste, häufig nur als Kredit, für den sie auch noch zusätzliche Haftungsrisiken auf sich nehmen müssen. Die großen Konzerne dagegen erhalten Hilfen, während sie gleichzeitig vielleicht noch Dividenden an ihre Aktionäre ausschütten, ganz sicher aber weiter an ihre angestellten Vorstände und Mitarbeiter Millionen an Gehältern und Boni zahlen, obwohl diese die unerhört hohen Zahlungen schon in den Jahren zuvor nicht wirklich verdient hatten.

Das Unrecht hat dazu geführt, dass immer mehr nach Lockerungen gerufen haben. Aber – wie sich nun zeigt - die Lockerungen vergrößerten und vergrößern das Unrecht nur.

Zunächst gab es Einzelhandelsunternehmer im Non-Food-Bereich die ihre Läden wieder öffnen durften und solche, bei denen das nicht galt, weil die Verkaufsfläche zu groß war. Dann gibt Freizeitsportler, die ihren Sport nicht ausüben dürfen, obwohl sie sich und andere dabei sehr gut schützen könnten, und gleichzeitig dürfen millionenschwere Fußballvereine Geisterspiele veranstalten und der Staat übernimmt sogar noch die immensen Kosten für das Testen der Spieler. Zur gleichen Zeit enthält man Lehrern und Erziehern, die es viel nötiger hätten, die kostenlosen Tests noch vor. Die einen (Pflegekräfte) bekommen eine Prämie für eine gefährliche Arbeit, die anderen (Ärzte) bekommen eine Prämie, obwohl sie viel weniger zu tun haben und die Dritten (Grundschullehrerinnen, Kindergärtnerinnen) bekommen gar keine Prämie, obwohl sie sich den Kindern ungeschützt aussetzen müssen. Und die Ungerechtigkeiten sind in jedem Bundesland natürlich auch unterschiedlich.

Allerdings eint in dieser Ausnahmesituation die Position der Allermeisten, von den Vernünftigen bis zur Aluhut-Fraktion eins: Der Eigennutz. Hauptsache, ich komme möglichst ungeschoren davon. Hauptsache, mir geht es gut.

Der Rechtsgedanke, dass Sonderopfer zu entschädigen sind, beruht auf dem Gleichheitsgedanken.

Eine Verkäuferin bei REWE unterscheidet sich nicht von einer Verkäuferin in einem Schuhgeschäft und auch nicht wesentlich von einer Serviererin in einem Restaurant. Ein Arbeiter in einem Messebaubetrieb unterscheidet sich nicht wesentlich von einem Betrieb, in dem jetzt z.B. Schutzmasken genäht werden. Gastronomen, Hoteliers, Einzelhändler, Musiker, Messebaubetriebe, Kulturveranstalter, Friseure all das sind Gewerbetreibende, deren Unternehmen für das Funktionieren unserer Gesellschaft am Ende unverzichtbar sind. Hier dem einen zum Wohl der Allgemeinheit zu verbieten, eine Zeit lang sein Gewerbe nicht mehr auszuüben, ist nicht das Hauptproblem. Das Problem ist, diesen Gewerbetreibenden die Existenzgrundlage zu entziehen, zumindest ganz erheblich in sein Eigentumsrecht einzugreifen und ihm dabei das Recht auf Entschädigung zu verweigern.

Der Gleichheitsgedanke ist der Gerechtigkeitsgedanke schlechthin. Wenn der Staat Gleiches nicht gleich und Ungleiches nicht ungleich behandelt, dann ist der Staat ungerecht. Die Aufgabe des Aufopferungsgedankens in den Pandemiemaßnahmen, die Leugnung der offenkundigen Tatsache, dass all die, die von den Maßnahmen betroffen sind, gegenüber denjenigen, die weiter ihr volles Gehalt, ihre Beamtenbezüge, Abgeordnetendiäten, ihre Renten oder ihren Betriebsgewinn bekommen, ein Sonderopfer erbringen, erschwert auch eine vernünftige Diskussion darüber, wie man mit der Pandemie umgeht.

Meines Erachtens gibt es keinen vernünftigen Grund, die genannten Einbußen nicht als Sonderopfer anzusehen. Sonderopfer gehören entschädigt. Das ist ein Rechtsgrundsatz, der schon seit weit mehr als 100 Jahren im deutschen Recht mehr oder weniger gut verankert ist.

Die Betroffenen erleiden zu einem großen Teil nicht etwa Verluste aufgrund einer Pandemie, wie das z.B. in der Autoindustrie der Fall ist, die die Fabriken schließen mussten, weil ihre Lieferketten zusammenbrachen. Die Betroffenen erbringen das Sonderopfer aufgrund der staatlichen Maßnahmen, die möglicherweise sinnvoll waren bzw. sind, deren Rechtmäßigkeit man aber durchaus bezweifeln kann.

2. Handlungsempfehlungen

Nach dieser Betrachtung des Sachverhaltes und der damit verbunden Schlussfolgerungen möchte ich einige Empfehlungen anschließen.

a) Arbeitnehmer

Arbeitnehmer, die aufgrund von Entlassungen und/oder Kurzarbeit und/oder Kita- bzw. Schulschließungen (erhebliche) Einbußen hatten, haben aus heutiger Sicht keine reelle Chance auf eine Entschädigung. Gleichwohl würde ich diese beantragen. Ich würde diese Position vehement vertreten und ich würde – wenn ich in einer Gewerkschaft und/oder Partei organisiert wäre – den von mir gewählten oder für mich zuständigen Vertretern auf die Bude rücken, damit diese sich um meine Interessen kümmern. Das beste Argument dürfte sein, dass der Gewerkschaftsfunktionär auch keine Lohneinbußen hinnehmen musste und der Bundestags- und/oder Landtagsabgeordnete für die Notwendigkeit des Lockdowns sogar Verantwortung trägt.

Obwohl das Infektionsschutzgesetz eigentlich als Rechtsgrundlange für die Maßnahmen nicht genügend ist oder gerade deswegen sollte man die die Drei-Monats-Frist nach § 56 XI IfSG beachten. Der Anspruch stützt sich auf § 56 IfSG analog, in Sachsen auch auf § 41 SächsPolBehG, in anderen Bundesländern dürfte es entsprechende Gesetze geben, im Übrigen auf enteignenden oder enteignungsgleichen Eingriff, je nachdem ob man die Maßnahmen als rechtmäßig oder rechtswidrig ansehen will.

Der richtige Adressat für das Anspruchsschreiben dürfte das jeweilige Landessozialministerium sein bzw. die entsprechende Landesbehörde, in Sachsen ist das die Landesdirektion Sachsen.

Für das Anspruchsschreiben braucht man keinen Anwalt. Man kann es auch handschriftlich machen. Besser ist natürlich, wenn man es ausführlich und vernünftig begründet. Allerdings sollte man nicht auf eine positive Bescheidung hoffen. Es sollte eher dazu dienen, sich seine Ansprüche zu wahren und dem jeweiligen Bundesland zeigen, dass man nicht bereit ist, sich entschädigungslos opfern zu lassen.

b) Unternehmen und Selbstständige

Für Unternehmen gilt das Gleiche nur noch viel direkter. Das Sonderopfer, welches den Unternehmen abverlangt wird, zielt in vielen Fällen auf wirtschaftliche Vernichtung. Ein Messebauer, dessen Betrieb von 100 auf 0 gefahren wurde, wird auch mit den jetzigen Lockerungen nicht glücklich. Gastronomen werden – auch wenn sie wieder öffnen dürfen – ihre Gaststätten nicht voll bekommen, z.T. auch, weil die Touristen wegbleiben.

Meine Empfehlung:

1. Noch einmal prüfen, ob alle Hilfsmaßnahmen ausgeschöpft wurden.

2. Prüfen, ob man beantragte Hilfsgelder zu Recht beantragt hat. Der Staat wird bei Rückforderungen unerbittlich sein und jeden Fall von Subventionsbetrug strafrechtlich verfolgen.

3. Den Schaden dokumentieren! Das fällt jetzt vielleicht noch leicht. Im Laufe der Zeit wird es wohlmöglich schwieriger.

4. Die Ansprüche schriftlich und binnen 3-Monatsfrist stellen wie oben dargelegt.

5. Den Sonderopfer-Gedanken vehement vertreten! Das ist der Schlüssel zu einer wirklich solidarischen Corona-Politik, die darauf abzielt, dass alle gleichbehandelt werden.

Dresden, den 20.5.20

Hans Theisen


Corona und die Folgen

Entschädigungsansprüche für Vermögensschäden aufgrund der Corona-Maßnahmen

Im Laufe der vergangenen Tage haben alle Landesregierungen durch sog. Allgemeinverfügungen Ausgangsbeschränkungen für Bürger und Schließungsanordnungen für ganze Gewerbekreise angeordnet. Ganz überwiegend wird als Rechtsgrundlage für die Verfügungen die Regelungen aus dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) genannt. Die Zuständigkeit für den Erlass solcher Algemeinverfügungen liegt zwar grundsätzlich bei den Gemeinden und Landkreisen, das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftliche Zusammenarbeit (SMS) hat aber hier die Kompetenzen an sich gezogen, was bei Weisungsaufgaben ohne weiteres möglich ist. Die Allgemeinverfügung datiert vom 22.3.2020 und ist unter dem AZ 15-5422/10 veröffentlicht und auch leicht im Internet zu finden.

Durch die getroffenen Entscheidungen sind Bürger und Unternehmen unmittelbar und mittelbar betroffen und erleiden dadurch wirtschaftliche Einbußen bis hin zur (unverschuldeten) Zahlungsunfähigkeit.

Fraglich ist, ob und in welchem Umfang den von diesen Maßnahmen Betroffenen Entschädigungsleistungen von staatlicher Stelle zustehen, dabei geht es nicht um die Hilfsmaßnahmen, die der Bund, die Länder und teilweise auch die Städte beschlossen haben. Diese Hilfsmaßnahmen sollen und müssen natürlich in Anspruch genommen werden.

A. Ansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz

Nach § 56 I S.1 IfSG kann derjenige der als Ausscheider (gibt die Krankheit weiter ohne selbst erkrankt zu sein bzw. hat die Erkrankung bereits überwunden), Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als Träger nach § 31 S.2 IfSG einem Verbot der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt und einen Verdienstausfall erleidet, Entschädigung in Geld verlangen.

Ausnahme: eine Impfung wäre möglich gewesen (§ 56 I S. 3 IfSG) was hier nicht der Fall ist.

Problem: Die Regelungen der Allgemeinverfügung enthalten keine ausdrücklichen Verbote der Ausübung der Erwerbstätigkeit, gleichwohl aber faktische Verbote durch Schließungsanordnungen. Im Übrigen würde dies nur auf angestellte Arbeitnehmer im Rahmen einer Firmenschließung zutreffen.

Nach § 56 I S.2 IfSG gilt die Regelung auch für Abgesonderte, also zunächst für Menschen unter Quarantäne. Der Begriff ist aber m.E. weit zu verstehen, sodass jegliche Form der Absonderung zu einem Anspruch führt soweit die weiteren Voraussetzungen vorliegen.

Wie man aus der Regelung selbst erkennen kann, richtet sich die Entschädigungsberechtigung danach, ob der Betroffene selbst Adressat eines Verbotes wurde. Die mittelbar Betroffenen, die nur aufgrund der Auswirkungen es Tätigkeitsverbots Ausfälle erleiden sind von den Regelungen nicht umfasst. Daneben kommt aber eine analoge Anwendung in Betracht, da der Gesetzgeber wohl der derzeit vorherrschenden Lage nicht Gedachte.

Umfang der Erstattung:

Die Regelung unterscheidet zunächst zwischen Arbeitnehmern und Selbständigen (§ 56 III S. 1 u. 4 IfSG). Ganz allgemein richtet sich die Entschädigung nach der tatsächlichen Höhe des Verdienstausfalls (§ 56 II IfSG).

Arbeitnehmer: Bei Arbeitnehmern richtet sich die Entschädigung nach dem vorher erzielten Arbeitsentgelt (§ 56 III S. 1 IfSG).

Die Entschädigung ist für die Dauer von 6 Wochen vom Arbeitgeber („für die Behörde“ § 56 V IfSG) zu zahlen, danach von der zuständigen Behörde.

Der Arbeitgeber kann die Entschädigung, die er zu leisten hatte, also von der zuständigen Behörde zurückfordern (m.E. ist das der Verfügungsgeber, also das SMS). Nach Ablauf der 6 Wochen Zahlung durch den Arbeitgeber muss auch der Arbeitnehmer die Entschädigung bei der Behörde beantragen. Die Antragsfrist für beide beträgt 3 Monate ab Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder dem Ende der Absonderung.

Anrechnungen für den Arbeitnehmer ergeben sich aus § 56 VIII IfSG.

Selbständige: erhalten 1/12 der bisherigen Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit des letzten Jahres. Dies deshalb, weil die Entschädigung wohl monatlich ausgezahlt wurde. Auch hier ist die Antragsfrist von 3 Monaten zu beachten.

Zu beachten ist auch die Regelung bei Existenzgefährdung (§ 56 IV IfSG).

Auffällig ist, dass die Regelungen nur Arbeitnehmer und Selbstständige betreffen. Unternehmen selbst bekommen nur die Entschädigungszahlen erstattet. Dass ein Unternehmen kein Selbständiger, ergibt sich der Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Selbstständigen. In Betracht kommt aber eine analoge Anwendung auf.

Fazit :

Die Entschädigungen nach dem IfSG sind nur für einen bestimmten Personenkreis zugängig, nämlich den von den Allgemeinverfügungen direkt als Adressaten ausgewiesen sind. Allerdings sind analoge Anwendungen der Entschädigungsregelungen denkbar.

B. Ansprüche auf Entschädigung nach dem Sächsischen Polizeibehördengesetz

Eine Entschädigung für die durch die Allgemeinverfügung des SMS Betroffenen kann sich aus § 41 SächsPolBehG ergeben. Dort ist geregelt, dass ein Schaden, den jemand durch eine Maßnahme einer Polizeibehörde erleidet, zu ersetzen ist, gleich ob es sich um eine rechtwidrige oder rechtmäßige Maßnahme handelt.

Die Vorschrift ist sogar als Auffangtatbestand ausgebildet („soweit nicht in anderen Vorschriften geregelt“, Absatz V).

Nach § 1 I Nr. 1 SächsPolBehG ist das SMS als Staatministerium oberste Landespolizeibehörde. Die Allgemeinverfügung ist eine Maßnahme. Damit besteht eine Ersatzpflicht für die Folgen der Allgemeinverfügung.

§ 41 SächsPolBehG ist dabei nur ein Ausdruck allgemeiner Regeln, die schon so lange ich juristisch denken kann gelten: Enteignungsgleiche Eingriffe (rechtswidrige) oder enteignende Eingriffe (rechtmäßige), die ein Sonderopfer für die Betroffenen bedeuten, sind zu entschädigen.

C. Empfehlung

Wie eingangs bereits geschrieben, gibt es Hilfsprogramme des Staates, die Sie in jedem Fall nutzen müssen. Ihr Steuerberater oder Ihr Rechtsanwalt kann Sie bei der Antragstellung unterstützen. Darüberhinausgehende mögliche Entschädigungsansprüche sollten Sie – ggfs. auch unbeziffert - zeitnah anmelden. Adressat dieses Anspruches ist – wie die vorgenannten Ansprüche aus dem IfSG - das SMS, also der Freistaat Sachsen.

Am besten, Sie vereinbaren dazu mit einem Rechtsanwalt einen Erstberatungstermin. Der Erstberatungstermin kostet nicht die Welt und dabei kann man schnell abklären, ob Sie einen Anspruch haben könnten und ob es sinnvoll ist, dies zu tun.


Dresden, den 31.3.2020



Eltern haften für ihre Kinder wegen Schadenersatz aus unerlaubter Handlung

Eltern haften für ihre Kinder wegen Schadenersatz aus unerlaubter Handlung

Zu einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18.02.2019

Das Bundesverfassungsgericht hat einen Rechtsstreit in einer Filesharing-Angelegenheit mit einer Feststellung beendet, auf die die klagenden Eltern auch selbst hätten kommen können. Trotzdem ist die Entscheidung von Interesse.

Die Eltern sind Inhaber eines Internetanschlusses. Über diesen Anschluss wurde ein Musikalbum mittels einer speziellen Software zum Herunterladen angeboten. Es handelt sich dabei um sogenannte Filesharing-Software, mittels derer man Musik oder Filme herunterladen kann, diese urheberrechtlich geschützten Werke aber gleichzeitig auch im Rahmen einer „Internet-Tauschbörse“ eben auch anderen zur Verfügung gestellt werden.

Das ist ein Verstoß gegen das Urheberrecht und es gibt Kanzleien, die darauf spezialisiert sind, die Schadenersatzansprüche der Film- bzw. Musikproduzenten geltend zu machen und die Übeltäter abzumahnen.

Hier hatten sich die Eltern dahin eingelassen, dass der Urheberrechtsverstoß zwar von ihrem Anschluss erfolgt sei, dass sie auch wüssten, dass eines ihrer Kinder den Anschluss genutzt hätte, welches Kind es war, wollten sie aber nicht offenbaren.

Wie zu erwarten, konnten sich die Eltern mit dieser Verteidigungsstrategie gegen die Klage des Musikproduzenten vor dem Landgericht nicht erfolgreich verteidigen und auch der BGH hatte ihnen nicht Recht gegeben. Das Bundesverfassungsgericht nahm mit dem hier besprochenen Beschluss (AZ 1 BvR 2556/17) die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an.

Die Gründe sind einfach: Eltern müssen ihre Kinder nicht belasten, aber wenn sie deswegen bei Gericht nicht vollständig und wahrheitsgemäß vortragen, können sie sich damit nicht einer Haftung entziehen.

Die Filesharing-Fälle ernähren die Abmahn-Kanzleien immer noch ordentlich. Hat man eine Abmahnung erhalten, sollte man sich schon anwaltlicher Hilfe bedienen. Wie man sich am besten verteidigen kann, ist von Fall zu Fall verschieden. Dabei ist die Konstellation, dass Kinder oder Mitbewohner des Internet-Anschlussinhabers als Täter in Frage kommen, eigentlich gar nicht selten.

Allerdings taugen diese Fälle nicht zu rechtspolitischen Grundsatzstreitigkeiten. Filesharing ist verboten und verpflichtet zum Schadenersatz. Dass man als Partei vollständig und wahrheitsgemäß vortragen muss, ist auch nicht neu. Unverständlich ist hier gewesen, warum die Eltern nicht die Namen der Kinder angegeben haben, die für die Urheberrechtsverletzung in Frage gekommen wären. Es schadet den Kindern nicht, wenn sie für das, was sie tun, Verantwortung übernehmen (die Kinder in diesem Fall waren – wenn ich den Beschluss richtig verstanden habe – sogar erwachsen). Dabei hätten sich die Kinder hier sogar möglicherweise recht einfach verteidigen können: Denn es wäre der klagenden Produktionsfirma möglicherweise ausgesprochen schwergefallen, das richtige Kind für den Schaden haftbar zu machen.

Wir sollten auf Macron hören.

Ich habe meinen Blog jetzt über ein Jahr vernachlässigt. Ich beende die Pause mit einer allgemeinen Betrachtung, weil auch die politische Großwetterlage ein wenig mitursächlich dafür war, dass ich in den vergangenen Monaten für die Pflege meiner Homepage keine Zeit oder keine Nerven hatte.

Jetzt hat Macron den Europäern und damit auch mir einen Brief geschrieben, das gibt Anlass, die Diskussion aufzugreifen.

Ich kenne eine ganze Reihe von Leuten, mit denen ich in vielen Fragen übereinstimme und die Sorge teile, ob es für die anstehenden riesigen Probleme in der Welt überhaupt vernünftige Lösungen gibt und ob in unserm Parlament dazu die richtigen Leute sitzen.

Aber dann kommen immer wieder Positionen, mit denen ich überhaupt nichts anfangen kann:

So z.B. eine Bewunderung oder auch nur Akzeptanz für den aktuellen Präsidenten der USA. Ist Trump für unser Land gut? Doch wohl eher nicht. Und selbst wenn er – wie es aussieht – die Chinesen jetzt klein kriegen sollte – niemand kann mir erzählen, dass man das nicht auch mit einer Politik hätte erreichen können, die die Bündnispartner mitnimmt. Aber wir spielen ja keine Rolle mehr.

Auf Zustimmung stoßen auch die Brexitiers, allen voran Boris Johnson und Nigel Farage. Ist der Brexit für unser Land gut? Ganz sicher nicht und für England war und ist allein die Möglichkeit, dass er tatsächlich exekutiert werden könnte, schon jetzt eine Katastrophe. Allein der Hass auf die Politik der EU reicht offenbar für eine derart irrationale Position.

Selbst für eine Figur wie Bolsonaro in Brasilien haben viele Sympathie übrig. Haben wir ein Interesse daran, dass der Regenwald weiter abgeholzt wird? Bestimmt nicht. Dass der Regenwald für unser Klima eine wichtige Rolle spielt, kann ernsthaft niemand bestreiten. Allein das müsste reichen, diesen Mann kritisch zu betrachten.

Dass Victor Orban von manchen „Regimegegnern“ ebenfalls geschätzt wird, ist schon länger bekannt. Ginge es unserem Land nicht besser, wenn es in Ungarn eine Regierung gäbe, die weniger korrupt und dafür mehr rechtsstaatlich wäre? Auch die, die von den Vorteilen eines Rechtsstaats noch nicht so überzeugt sind, müssten doch ohne Weiteres einräumen, dass es für unser Land besser wäre, wenn Ungarn uns wenigstens einen kleinen Teil der Migrationsbelastung abnehmen würde.

Trump, Johnson, Bolsonaro, Orban und so viele dieser unglaublich abstoßenden Politiker eint übrigens eins: Die Verachtung gegenüber dem eigenen Volk. Das macht sie auch unfähig zu einer nachhaltigen internationalen Kooperation.

Klimawandel und Umweltschutz: Die neuen „Oppositionellen“ kämpfen jetzt gegen eine „Ökodiktatur“. Obwohl z.B. völlig unstrittig ist, dass Feinstaub und Stickoxide gesundheitsschädlich sind, obwohl jeder weiß, dass die Autoindustrie dazu in der Lage gewesen wäre, die vorgegebenen Grenzwerte einzuhalten, obwohl jeder weiß, dass die Manager der großen Autokonzerne lieber betrogen haben als ehrlich ihre Arbeit zu machen, werden für die Probleme die angeblich zu hohen Grenzwerte und die zu strenge Messung in Deutschland verantwortlich gemacht. Geht`s noch?

Auch wenn ich schon etwas besorgt bin, weil die, die über bestehende und vermeintliche Missstände immer lauter schreien, bin ich doch optimistisch, dass der Höhepunkt dieser „Bewegung“ erreicht ist.

Immer mehr Menschen begreifen, dass das Errichten von Mauern, die Ablehnung und die Konfrontation die Probleme überhaupt nicht löst. Es bringt uns auch nichts, unsere Lebensart - freie Fahrt für freie Bürger, Kreuzfahrten und Flüge billig, Fleisch satt und im Übrigen nach mir die Sintflut - mit Zähnen und Klauen zu verteidigen. Es ist schon lange Zeit für eine Politik, die sicher stellt, dass alle Menschen auf der Welt eine Überlebenschance haben. Tun wir das nicht, werden wir Deutschen jedenfalls bei der beschränkten Macht, die wir haben, ganz bestimmt nicht die sein, die am Längsten in einer Komfortzone ausharren können. Mit unserer Bundeswehr jedenfalls könnten wir im Ernstfall unseren Way of life nicht mal einen kurzen Augenblick verteidigen.

Wir müssen also Verbündete suchen. Das sehen offenbar alle so. Plausibel erscheint mir da nur nicht, die Verbündeten da zu suchen, wo Nationalisten an der Macht sind. Denn eine Internationale der Nationalisten, das hat noch nie funktioniert. Deutschland hat ganz sicher nur eine Chance zu bestehen, wenn es ein starkes Europa gibt und wir dazu gehören.

Deswegen finde ich Macrons Brief an die Europäer erst einmal gut, auch wenn ich schon sehe, dass hinter den Visionen für die (armen) Menschen außerhalb von Europa nicht viel übrigbleibt. Aber wenn wir in Europa schon nicht für alle menschenwürdige Bedingungen schaffen können, dann werden wir überhaupt nichts mehr schaffen, weil die Zukunft dann ausschließlich von anderen Ländern gestaltet werden wird.

Dummheit tötet.

Gedanken zum Massaker  von Berlin.

Was haben wir gehört, als die Flüchtlinge kamen?

Wir schaffen das. Die, die gekommen sind, sind nicht krimineller als die deutsche oder europäische Bevölkerung im Durchschnitt. Welches Mantra werden wir jetztnach Berlin 20/12 wieder hören: Nur kein Generalverdacht!

Dummheit tötet. 

Wenn 1.000.000 Menschen aus Ländern wie Afghanistan, Pakistan, Irak, Syrien, Lybien u.ä. nach Deutschland kommen, ist die Gefahr, dass darunter eine große Anzahl von Mördern, potenziellen Mördern, Dieben, Vergewaltigern und potentiellen Vergewaltigern ist, groß. Das kann man durch schlichtes Nachdenken verifizieren:

Wenn jemand unter widrigen Umständen eine so schwierige und gefährliche Reise schafft, dann ist es naheliegend, dass er schon in seiner Heimat eher zu den „Machern“ als zu den „Opfern“ gehörte. 

Wenn jemand seine Frau(en) und Kinder in Not und Lebensgefahr für Wochen und Monate zurücklässt, dann muss das nicht feige und unverantwortlich sein. Aber es ist durchaus naheliegend, eine solche Bewertung als zutreffendin Betracht zu ziehen. 

Wenn jemand (Mann oder Frau) einer Religion angehört, die noch in nahezu jedem Land, wo sie Wirkmacht hat, für Intoleranz, Gewalt, Willkür und Terrorismus und Missachtung der Frauen steht, dann kann dieser Mensch durchaus tolerant, weltoffen und liebenswürdig sein. Man muss das aber nicht unbesehen glauben. Und man muss es schon gar nicht von einem Mann ohne Frau und Kinder (für die er aktuell sorgt) annehmen. 

Ich wünsche mir, dass wir langsam anfangen, die Dinge nüchtern zu betrachten. Es gibt keinen Grund davon auszugehen, dass jeder der 1.000.000 Menschen, die zu uns gekommen sind, ein schlechter Mensch wäre und keine Hilfe verdient hätte. Es sind sehr, sehr viele, die Hilfe brauchen. Und wenn sie hier sind, haben wir, die wir die Werte des christlichen Abendlandes hochhalten wollen, ihnen als unseren Nächsten mit Liebe zu begegnen. Dennnur das kann helfen.  Kein Mensch sollte seinem Mitmenschen mit Hass oder Argwohn begegnen. 

Von der Politik allerdings sollten wir erwarten: Ab sofort soll endlich geächtet werden, Islamisten zu unterstützen.  Es muss ein breites Bündnis gegen die Islamistengeben. Null Toleranz für Islamisten im Land. Wir stellen – zu Recht – NS-Propaganda unter Strafe. Wer nurdie Hand zum Hitlergruß hochhält, wird bestraft. Genau so sollten wir dem Islamismus begegnen. (Die Burka ist ein Zeichen für Islamismus.)

Beides würde eine Kehrtwende in der Außen- wie in der Innenpolitik bedeuten. Nichtmehr Saudi-Arabien sollte von uns hofiert werden, vielmehr sollten wir Russland die Hand im Kampf gegen den Terrorreichen. Die finanzielle und militärische Unterstützung von Islamisten in Syrien und anderswo müsste sofort aufhören. Die islamistische Einflussnahme der Türkei in unserem Land dürfte nicht mehr gefördert und müsste dafür unterbunden werden. Vielleicht wäre es auch nicht schlecht, wenn sich unsere Bundeskanzlerin bei Donald Trump für seine vernünftigen Worte zu dem Massaker von Berlin bedanken und sofort damit beginnen würde, den internationalen Zusammenschluss gegen den Islamismus in die Tat umzusetzen. 

Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung

Eine neue Entscheidung des BGH zur Wirksamkeit der Erklärungen


Wissen Sie, dass Ihre Angehörigen, Ehepartner, Geschwister, erwachsenen Kinder oder Eltern nicht berechtigt sind, für Sie die notwendigen Verfügungen zu treffen, wenn Sie aufgrund eines Unfalles oder Krankheit vorübergehend oder dauerhaft daran gehindert sind?

Wissen Sie, dass zu diesen notwendigen Verfügungen nicht nur denkbare Erklärungen gegenüber der Bank, einer Behörde, dem Finanzamt oder einem privaten Vertragspartner gehören, sondern auch die Anweisung an Ärzte, bestimmte Behandlungen vorzunehmen oder zu unterlassen?

Der BGH hat in einer aktuellen Entscheidung (Beschluss vom 6.7.2016, Aktenzeichen XII ZB 61/16) einige Dinge zu Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung klargestellt, die es sinnvoll machen, die vielleicht schon erteilte Vollmacht bzw. Verfügung zu überprüfen. Klargestellt wurde nämlich, dass die Patientenverfügung, bestimmte lebenserhaltende Maßnahmen zu unterlassen oder abzubrechen, hinreichend konkret sein muss.

Eine Generalvollmacht, die eine Person des Vertrauens berechtigt, über alle wichtigen Fragen des Lebens im Falle der eigenen Verhinderung zu entscheiden, ist wichtiger als eine Lebensversicherung. Oder wollen Sie, dass ein Ihnen unbekannter Betreuer für Sie entscheidet, während Ihre Angehörigen nicht einmal informiert werden?

Durch die Entscheidung des BGH macht es Sinn, bestehende Vollmachten und Patientenverfügungen zu überprüfen, denn es könnte sein, dass diese nicht mehr ausreichend sind. Für alle, die diese Vorsorge noch nicht getroffen haben, gilt meine dringende Empfehlung, sich schnellstmöglich dazu Rechtsrat einzuholen. Dies gilt umso mehr, als es heute scheinbar immer häufiger vorkommt, dass nahe Angehörige, ja sogar Ehepartner, von den Ärzten unter Berufung auf die Schweigepflicht nicht einmal mehr Auskunft bekommen.

 

Eigentumswohnung als Wohnheim für Flüchtlinge?

Die Flüchtlingsproblematik und das Wohnungseigentumsrecht. 

Das Vertragsrecht hat viele Facetten. Eine davon gibt das Wohnungseigentumsrecht. Wer eine Eigentumswohnung besitzt, darf– wie jeder Eigentümer – mit seinem Eigentum nach Belieben verfahren. Die Besonderheit einer Wohnungseigentumsanlage bringt es allerdings mit sich, dass die Rechte des einen leicht die Belange der anderen beeinträchtigen können. Deswegen wird der Umfang der zulässigen Nutzung zumeist in der Teilungserklärung geregelt. Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) bestimmt, dass eine Wohnung zu Wohnzwecken genutzt werden darf, es regelt die Rechte und bestimmt, dass diese ihre Grenzen in den berechtigten Interessen der anderen Wohnungseigentümerfinden.

Von einer größeren Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt, bin ich auf eine interessante Fallgestaltung gekommen, die offenbar inzwischen gängige Verwaltungspraxis ist: Ein Wohnungseigentümer hatte seine Wohnung (65 m²) an ein Landratsamt vermietet, damit diese die Wohnung zur Unterbringung von Flüchtlingen nutzen kann. Als das Landratsamt die Wohnung mit 4 Doppelstockbetten möblierte, wurden die anderen Wohnungseigentümer dies gewahr und waren damit ganz und gar nicht einverstanden.

Die Eigentümer befürchteten bei einer solchen Nutzung eine Beeinträchtigung ihrer Rechte. So sei bei einer Belegung der kleinen Wohnung mit 8 Einzelpersonen eine verstärkte Abnutzung des Gemeinschaftseigentumes und vor allen Dingen eine Störung des häuslichen Friedens zu besorgen. Weiter sorgten sie sich um mögliche Angriffe von rechten Gewalttätern.  Weder der Eigentümer noch die Behörde wollten für diese und andere Risiken die Haftung übernehmen.

Die Fragestellung  der Eigentümergemeinschaft lautete: Durfte der Wohnungseigentümer seine Wohnung so an das LRA vermieten?

Nach einem Papier der Landeshauptstadt Dresden nennt man eine so von dem Ausländeramt angemietete Wohnung Gewährleistungswohnung. Die Wohnung soll gewährleisten, dass die Behörde die ihr zugewiesenen Flüchtlinge unterbringen kann. Diese Behörde geht davon aus, dass die Nutzung kein bürgerlich-rechtliches Mietverhältnis ist, vielmehr handelt  essich um ausgelagerte Plätze von Übergangswohnheimen.  Beschäftigt man sich mit der Materie, bekommt man mit, dass die Anmietung von Eigentumswohnungen zu diesem Zweck gängige Verwaltungspraxis ist.

ZweiGerichte haben sich in der jüngeren Vergangenheit mit der Problematik beschäftigt. Das AG Laufen, Urteil vom 4.2. 2016, AZ 2 C 565/15, und das AG Traunstein, Beschluss vom 18.9.2015, AZ 319 C 1083/15. Beide Gerichtehaben die Nutzung unter Berufung auf eine Entscheidung des BGH vom 15.1.2010, AZ V ZR 72/09, als zulässig erachtet. Bei dieser Entscheidung ging es allerdings um die Nutzung einer Eigentumswohnung als Ferienwohnung.  Klar hatte sich dagegen bereits 1991 das Oberlandesgericht Hamm positioniert, welches in einer Entscheidung vom 26.9.1991, AZ 15 W 127/91, die Nutzungdes Sondereigentums (also der Eigentumswohnung) „als Wohnheim für einen fortlaufend wechselnden Personenkreis“ nicht als Nutzung zu Wohnzwecken und damit als unzulässig ansah. In dieser Entscheidung ging es um eine Nutzung der Wohnung für Aussiedler. 

Die Ausgangsfrage, ob die Vermietung der Wohnung durch den Eigentümer an das Landratsamt zulässig war oder nicht, kann man also als von der Rechtsprechung abschließend nicht entschieden ansehen. Ich halte sie eindeutig für nicht erlaubt. Die Praxis der Behörden, mit einzelnen Wohnungseigentümern solche Verträge abzuschließen, obwohl man davon ausgehen kann, dass die Wohnungseigentümergemeinschaften in aller Regel damit nicht einverstanden sein werden, ist allerdings mehr als fragwürdig. Immerhin hat ein ausgesprochen angesehenes Oberlandesgericht eine solche Nutzung bereits als mit dem Wohnungseigentumsgesetz nicht vereinbar angesehen.

Fünf Thesen zum Thema „Flüchtlingskrise“

Versuch einer Vereinfachung

1.      Jeder Mensch schuldet seinem Nachbarn Respekt und Nächstenliebe

Respekt und Nächstenliebe  gegenüber den Mitmenschen sind unverzichtbar und ein entscheidender Wert des vom Christentum geprägten Abendlandes.

(Aus diesem Grund kann man die verbalen Entgleisungen, wie man sie von den AfD-Vertretern oder den Pegida-Rednern ertragen muss, nicht akzeptieren; Gewalt gegen Ausländer und/oder Ausländerunterkünfte noch weniger. Dem einzelnen steht es nicht zu, das Bleiberecht seines Nachbarn z.B. in einer Flüchtlingsunterkunft infrage zu stellen.)

2.      Rechtstaatlichkeit ist unverzichtbar

Rechtsstaatlichkeit ist die größte Errungenschaft der europäischen Gesellschaften. Hier hat die Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg eine Vorreiterrolle eingenommen. Jedes staatliche Handeln ist an Recht und Gesetz besonders gebunden (Art 20 III GG). Deshalb darf eine Regierung nicht einfach Ausländer in das Land lassen und ihnen Leistungen gewähren, ohne dass ihre Identität bekannt wäre oder dass es ausreichende Anhaltspunkte dafür gäbe, dass es sich um Asylbewerber (mit entsprechendem Asylanspruch) oder Flüchtlinge handelt. Es fehlt dafür an einer Rechtsgrundlage.

(Die tatsächliche Praxis der Bundesregierung, Ausländer als Flüchtlinge aufzunehmen, wobei die Berechtigung der Ausländer allein darauf gestützt wird, dass sie sich in einer größeren Menschenansammlung befinden, die als „Flüchtlingsstrom“ wahrgenommen wird, ist rechtswidrig.)

3.      Eine verschärfte Abschiebepraxis kann das Problem nicht lösen

Die Vorstellung, man könne das Problem der Einwanderung von Ausländern ohne ausreichenden Asylgrund oder Flüchtlingsstatus durch eine schärfere Abschiebungspraxis lösen, ist abwegig.

(Gegenwärtig halten sich mehr als 1 Million Ausländer in Deutschland auf, deren Ausreiseverpflichtung entweder schon feststeht oder die sicher mit einer Ausweisungsverfügung rechnen müssen. Geht man davon aus, dass man in ein großes Flugzeug 333 Ausländer setzen und mit einem Flug außer Landes schaffen könnte und geht man weiter davon aus, dass man mit drei so besetzten Flugzeugen an einem Tag 1000 Ausländer abschieben könnte, dann müsste man dies 1000 Tage hintereinander praktizieren, um in mehr als 2 Jahren 1 Million Ausländer „abzuschieben“.)

4.      Die EU-Staaten müssen der Migrationsproblematik mit eigenen Mitteln begegnen

Die Vorstellung, das Problem, welches die EU-Staaten bislang nicht lösen konnten, müsse uns nun ein Staat wie die Türkei (gegen Bezahlung) abnehmen, ist abwegig.

(Es ist nicht nur abwegig. Das Antichambrieren bei Erdogan, der ebenso gegen sein eigenes Volk Krieg führt wie Assad, ist beschämend. Wenn wir diesem Weg weiter folgen, werden wir die Türkei bald als weiteres EU-Mitglied begrüßen können.)

5.      Sämtliche europäische Staaten, einschließlich Russland und die Türkei müssen in einen partnerschaftlichen Dialog einbezogen werden

Wir können ohne Russland die Probleme in Europa nicht lösen. Das zeigt um ein weiteres Mal die Flüchtlingskrise und das Engagement Russlands in Syrien.

(Deswegen wäre es sinnvoll, mit den Sanktionen sofort aufzuhören und mit Moskau Verhandlungen aufzunehmen, die von Respekt getragen sind. Die Attitüde moralischer Überlegenheit gegenüber Russland steht dem Westen im Allgemeinen und der Bundesregierung im Besonderen nicht zu.)

Der Zweifel im Strafverfahren

Oder wie Sachbeweise (z.B. eine DNA-Spur) täuschen können

Als Strafverteidiger besteht meine Aufgabe regelmäßig darin, den Richter, der aufgrund der Aktenlage meistens schon von der Schuld meines Mandanten überzeugt ist, an seiner Überzeugung zweifeln zu lassen. Was aber ist, wenn der Verteidiger selbst den Unschuldsbeteuerungen seines Mandanten nicht mehr glauben kann?

Am Landgericht Dresden hatte ich eine interessante Berufungsverhandlung. Der Mandant, Ausländer, sollte in eine Pizzeria außerhalb von Dresden eingebrochen sein und dort einen Automaten aufgebrochen haben. An dem Oberlicht, durch das der oder die Einbrecher eingestiegen waren, hatte man Spuren der DNA meines Mandanten gefunden. In der ersten Instanz hatte der Polizeibeamte, der die DNA-Spur gesichert hatte, ausgesagt, dass die Spur nicht eindeutig gewesen sei. Man hätte die Spur auch dort dadurch hinterlassen können, indem man z.B. aus Jux beim Herausgehen an den Türholm geschlagen hätte. Trotzdem wurde mein Mandant vom Amtsgericht verurteilt.

Auf meine Berufung hin wurde die Sache darauf vor dem Landgericht verhandelt. Der Richter zeigte mir gleich von Anfang an, dass er meine mit der Berufungsbegründung vorgetragenen Zweifel intellektuell nachvollziehen, aus Gründen des gesunden Menschenverstandes dazu aber keinen Anlass sehen könnte. Als dann mein Mandant noch schilderte, dass er die Pizzeria mit zwei Pizza-Kartons verlassen hatte und entsprechend kaum beim Herausgehen seine Spuren am Türholm hinterlassen haben konnte, war für mich selbst kaum noch vorstellbar, dass mein Mandant nicht der Täter gewesen war.

Trotzdem ließen wir uns noch von dem Polizeibeamten genau erklären, wie die Spuren gesichert worden waren, wie der Täter durch das Oberlicht gekommen war und wo sich genau dieDNA-Spur befunden hatte. Und siehe da: Von dem Täter konnten die Spuren beim Einstieg überhaupt nicht hinterlassen worden sein! Aber wie denn? Eine Möglichkeit, so der Polizeibeamte, wäre z.B. dass irgendjemand die DNA meines Mandanten mit der Hand irgendwo aufnahm, wo dieser sie zufällig hinterlassen hatte. Und dieser Jemand trug dann die Spur an den Türholm, aus welchen Gründen auch immer, jedenfalls vermutlich unbeabsichtigt. Zu welcher Zeit, in welcher Form, all das konnte man gar nicht mehr klären.

Eine DNA-Spur, die am Ende nichts weiter ist, als die Möglichkeit, eine Tat mit einem Menschen in Verbindung zu bringen. Ein schönes Beispiel auch dafür, dass es sich immer lohnt, den Zweifel zu bewahren. Als Verteidiger sowieso, denn der Zweifel streitet für den Angeklagten. 

Zur Bedeutung der Verantwortung in der Arbeitswelt

(und was das mit dem VW-Skandal, der Flüchtlingskrise und Pegida zu tun hat) 

Wenn ich als Rechtsanwalt einen Arbeitgeber berate, ob er einen Mitarbeiter z.B. wegen Diebstahls, Arbeitsverweigerung oder anderer Fehlleistungen kündigen darf, geht es um Verantwortung.  Wenn ich einen Arbeitnehmer in einem Kündigungsschutzprozess vertrete, geht es ebenso um Verantwortung. Jeder muss für das, was er tut, gerade stehen. Im Großen und Ganzen gibt die Rechtsprechung für die meisten Fälle auch eine Richtschnur, so dass man weiß, welche Folgen es hat, wenn man seiner Verantwortung nicht gerecht wird. Die Folgen sind regelmäßig erheblich. Ein geklauter Bienenstich kann die fristlose Kündigung nach sich ziehen.

Normale Menschen, vom einfachen Arbeiter bis zum selbst haftenden Unternehmer, wissen, dass man für das, was man tut, die Verantwortung tragen muss.  Auch wenn die Folgen mitunter ganz gravierend sind.

Das gilt scheinbar nicht für den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden von VW, Herrn Winterkorn, wie es auch nicht für die Verantwortlichen der deutschen Bank (und der allermeisten anderen Banken) gegolten hat. Diese Herren haben Schaden angerichtet oder sind dafür verantwortlich. Zur Verantwortung gezogen wurden sie nicht. Das ist schwer zu verstehen.

Auch die Verantwortlichen in der Politik halten sich für sakrosant und werden von der erstaunlich gleichförmigen Presse auch so behandelt. Nehmen wir Seehofer, Merkel, de Maizière, Maas und Gabriel. Nehmen wir die aktuelle „Flüchtlingskrise“:

Alle (auch Seehofer) haben in einer Bräsigkeit, die man keinem noch so unbedarften Ladenschwengel durchgehen lassen würde, eine Lawine von Flüchtlingen auf unser Land losrennen und einwandern lassen, die schon nach wenigen Monaten zu einer existenziellen Herausforderung geworden ist. Die Menschen, die jetzt zu Tausenden jeden Tag in unser Land strömen, sind ja nicht vom Himmel gefallen.  Das hätte man zumindest seit ein oder zwei Jahren  voraussehen und Vorkehrungen treffen können. Es ist völlig inakzeptabel, dass man erst jetzt auf die Idee kommt, sich z.B. die Frage zu stellen, wann jemand, der aus Syrien kommt, in welchem Umfang Asyl beanspruchen kann.

Hat man eine Entschuldigung gehört? Ein Angebot, den Schaden wieder gutzumachen? Wo sind die Stimmen, die dieses grandiose Politikversagen in der gebotenen Form thematisieren?  Wieso werden Politiker nicht nach ihrer Verantwortung gefragt?  Wieso dürfen sie sogar noch das Maul aufreißen, von „Pack“ reden und tausende Menschen für die „radikale Hetze“ schelten?  Auch wenn die Montagsdemonstrationen in Dresden schwer erträglich sind: Diese Menschen regen sich zu Recht über das soeben geschilderte Versagen auf.  

Ich träume von einem Land, in dem jeder dafür Verantwortung trägt, was er tut. Egal ob Arbeiter oder Unternehmer, Rechtsanwalt oder Richter, angestellter Unternehmensvertreter oder Politiker. Und die, die mehr Verantwortung tragen, sollten auch stärker in die Haftung genommen werden.

 

Muss der Arbeitnehmer bei eigener Kündigung die Kündigungsfrist einhalten?

Oft nur scheinbar eine Rechtsfrage!

Kürzlich hatte ich gleich zweimal mit ein und demselben Arbeitgeber zu tun. Der Arbeitgeber, ein größeres Dienstleistungsunternehmen mit mehreren 100 Mitarbeitern. Die Personalführung: unterirdisch. Irgendwo muss da bei den entscheidenden Führungskräften im Haus einiges schiefgelaufen sein. Vermutlich schon im eigenen Elternhaus. Die Folge: Jedenfalls in der Abteilung, in die ich Einblick nehmen konnte, waren sämtliche Mitarbeiter mit der Personalführung nicht einverstanden. Sämtliche Mitarbeiter klagten über Überforderung und willkürliche Schlechtbehandlung. Die Fluktuation erheblich. Der Krankenstand dramatisch.

Ein Mitarbeiter geht zur Personalleitung und bittet um Aufhebung seines Arbeitsvertrages. Die Kündigungsfrist beträgt 6 Monate. Selbstverständlich wird seine Bitte abschlägig beschieden. Ich berate den Arbeitnehmer, der für seinen Wunsch gute persönliche Gründe anführen kann, dahin, dass er außerordentlich kündigen soll. Es kommt zu einer Korrespondenz, bei dem ich dem Arbeitgeber erklären kann, dass er den Rechtsstreit, warum sein Arbeitnehmer ihn verlassen will, in Wirklichkeit nicht führen möchte. Erwartungsgemäß gibt der Arbeitgeber klein bei.

König und Bauern

König und Bauern


Kurze Zeit später kommt der nächste Mitarbeiter und bittet mich, ihn ebenso dabei zu unterstützen, früher aus dem Arbeitsverhältnis entlassen zu werden. Eine ähnliche Auseinandersetzung. Auch hier kann ich darauf hinweisen, dass der Arbeitgeber seine arbeitsvertraglichen Fürsorgepflichten erheblich verletzt hat. Tatsächlich kommt es aber zu einem Prozess: Der Arbeitgeber will dem Arbeitnehmer per einstweiliger Verfügung untersagen, bei einem bestimmten Konkurrenz-unternehmen anzufangen.

Der Rechtsstreit hat mit einem Vergleich geendet. Die Kündigungsfrist wurde auf 3 Monate verkürzt. Für den Mandanten war das O. K. – vor allem in finanzieller Hinsicht sogar vorteilhaft. Es stellt sich aber die Frage, wie es überhaupt zu solchen Streitigkeiten kommen kann, bei denen – so oder so – der Arbeitgeber wie ein Anfänger dasteht. Bei dem Prozess hat der Arbeitgeber zwar verhindert, dass ihm ein Arbeitnehmer einfach so die kalte Schulter zeigen kann, der Preis, der dafür bezahlt wurde, war hoch. Anstatt darüber nachzudenken, dass in einem Unternehmen, in dem Mitarbeiter nach über 10 Jahren Betriebszugehörigkeit von sich selbst aus kündigen, etwas schieflaufen muss, versuchte der Arbeitgeber seine Macht auszuspielen. Macht sollte aber nicht in den Händen von dummen Menschen liegen, weil da nie etwas Gutes dabei herauskommen kann. Macht bedeutet immer besondere Verantwortung, also Pflicht und nicht Privileg. Der Arbeitnehmer, der mitbekommt, dass sein Arbeitgeber mit seiner Macht nicht sorgsam umgeht, sollte – wenn er sich schlauerweise von ihm verabschieden will – allerdings nicht allzu redselig sein. In solchen Fällen ist es gut, wenn man sich früh beraten lässt.

Und Arbeitgebern sollte man loyale Berater wünschen, die auch darauf aufmerksam machen, wenn leitende Angestellte mit ihrer Macht nicht verantwortlich umgehen.

Tatsächlich muss auch ein Arbeitnehmer die Kündigungsfristen einhalten, obwohl dies eigentlich  widersinnig ist. Die Frage stellt sich allerdings aus den genannten Gründen nur selten als Rechtsfrage. 

Kein Parkverbot für Vespa Roller!

Als Strafverteidiger in Dresden beschäftige ich mich natürlich auch gerne mit dem Recht der Ordnungswidrigkeiten. Dies auch wegen der Überschaubarkeit. Unlängst hatte ich allerdings einen Fall, der rechtlich anspruchsvoll war und bei dem ich mich selbst vertreten musste.

Ich hatte den Körnergarten besucht und dazu meine Vespa GTS 300 IE (rot) direkt am Elbeufer neben einigen Autos und anderen Krafträdern abgestellt. Zurückgekommen stellte ich fest, dass mir ein „Knöllchen“ an meinen Roller geheftet worden war. Auch gegen die anderen Verkehrsteilnehmer war offensichtlich vorgegangen worden.

Einige Zeit später bekam ich eine Anhörung: Ich hätte in einem Bereich geparkt, der für den Verkehr von Pkws und Krafträdern nicht zugelassen ist und ob ich mit einem Bußgeld von 30 € einverstanden sei. Tatsächlich steht an der Einfahrt zu dem Ufergelände ein Schild, wonach die Einfahrt für PKW und Krafträder verboten ist.


Gegenüber der Bußgeldbehörde habe ich eingewandt, ich hätte meinen Roller natürlich auf das Gelände geschoben und außerdem möge man doch bedenken, dass eine rote Vespa noch für jeden Platz eine Zierde sei.

Ich bekam daraufhin eine Mitteilung, dass die Sache erledigt ist. Die Kosten der Verteidigung wurden mir nicht erstattet, womit ich allerdings gerechnet hatte.

Am Ende bleibt die Frage, ob es nun entscheidend war, dass dort eine rote Vespa stand und nicht etwa ein schwarzer Porsche. Ausschlaggebend könnte auch gewesen sein, dass ich mein Fahrzeug an seinen Standplatz nur geschoben hatte. Ich gehe davon aus, dass der gute Ausgang des Verfahrens einfach nur der Schönheit meines Fahrgerätes geschuldet war und möchte mir gar nicht vorstellen, wie künftig andere Verkehrsteilnehmer ihre SUV`s an die Elbe schieben, um im Körnergarten ein Bier trinken zu können.


Kein Ermittlungsverfahren gegen Winterkorn paradiesische Zustände in Braunschweig

Aktuell in der Presse: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat mitgeteilt, dass es kein Ermittlungsverfahren gegen Martin Winterkorn gibt. Es gäbe keinen Anfangsverdacht. Die Staatsanwaltschaft bedauert die Panne.

Als Strafverteidiger in Dresden könnte ich meinen, dass das Leben in Braunschweig für Straftäter angenehm sein muss. Soviel Zuvorkommen sind wir jedenfalls hier von der Staatsanwaltschaft nicht gewöhnt. Das zum Ausdruck des Bedauerns.

Jetzt zum Fehlen des Anfangsverdachtes. Dass es um Betrug (§ 263 StGB) mit einem Milliardenschaden geht, scheint ausgemacht zu sein.  Betrug wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bestraft. In besonders schweren Fällen beträgt die Freiheitsstrafe 6 Monate bis zu 10 Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt (§ 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB). Ich wüsste nicht, wie man begründen könnte, dass es hier nicht um gewerbsmäßigen Betrug geht.

Martin Winterkorn war der bestbezahlte Manager in Deutschland. Zu seinen Aufgaben gehörte ganz sicher, den Grad der Ehrlichkeit des Unternehmens, dem er vorstand, beim Verkauf der Produkte zu bestimmen. Die Staatsanwaltschaft geht zu Gunsten von Martin Winterkorn davon aus, dass er seine Pflichten nicht wahrgenommen hat und ahnungslos war.

Das erinnert mich ein wenig an so einem ziemlich dummen Bilderwitz, den ich vor Jahren irgendwo gesehen habe:  Ein unrasierter Mann mit klassischer Räuberbinde und einem Geldsack auf dem Rücken kommt aus einer Bank und wird von der Polizei gestellt. Mit Blick auf den Geldsack stellt er die Frage, wie der denn da wohl hingekommen ist. 

In Braunschweig müsste das jetzt eine erfolgversprechende Verteidigungsstrategie darstellen.

 

 

 

Die Verfolgung von FIFA Funktionären durch amerikanische Behörden - Einmischung in europäische Angelegenheiten?

Ein guter Freund rief mich, nachdem die Verhaftung von FIFA Funktionären in der Schweiz auf Veranlassung der amerikanischen Justizministerin bekannt wurde, an und monierte, dass sich die Amerikaner als Weltpolizisten aufspielen würden und besser vor ihrer eigenen Türe kehren sollten.

Da ist was dran. Aber mir ist es völlig egal, welches Land diese Ganoven einsperrt, Hauptsache, sie werden eingesperrt. Ich finde es auch gut, dass Blatter wieder gewählt wurde. So besteht vielleicht die Chance, dass wir noch erleben, wie der Präsident der FIFA ins Gefängnis wandert. Und wenn sich die USA herausnehmen, FIFA Funktionäre wegen des Amerikabezugs ihrer Handlungen zu verfolgen, könnten sich natürlich auch andere Länder überlegen, dass sie ja auch geschädigt sind. Die Duldung des Systems FIFA über so lange Zeit und selbst noch nach dem Schock der Verhaftung zeigt doch, dass die Strafverfolgungsbehörden in Europa, dem Kontinent der Rechtsstaatlichkeit, in Bezug auf mächtige Strukturen bananenrepublikanische Qualitäten haben. Wenn man das nicht mehr möchte, könnte es sogar bei uns dazu kommen, dass allzu große Schweinereien irgendwann auch einmal geahndet werden.

Dabei ist die FIFA ist eigentlich nicht einmal ein besonders krasses Beispiel, wie unsere sogenannten Eliten ticken. Der Schaden, den die korrupten FIFA-Funktionäre anrichten und angerichtet haben, ist ja noch vergleichsweise gering. Die Banken, die ja am Ende ja auch nur ihre wahnsinnigen Geschäfte gemacht haben,  weil ihre Funktionäre (Manager sollte man vielleicht gar nicht sagen) dafür aberwitzige Boni (Bestechungsgelder ?) erhalten haben, hat zu einem weit höherem Schaden geführt und es ist nicht abzusehen, ob wir mit diesem Schaden jemals fertig werden. In den großen Konzernen der sogenannten Realwirtschaft sieht es nicht viel anders aus. War es nicht so, dass Mercedes sich Chrysler einverleibte, damit die Funktionäre in Europa auch endlich mal Gehälter in Millionenhöhe bekommen sollten? Manche behaupten das. Und wenn bei der Deutschen Bahn jetzt schon davon gesprochen wird, man könne Züge irgendwann auch in China einkaufen und müsse diese nicht zwingend von Siemens beziehen, dann könnte hinter diesem Plan eine Bonuszahlung in mehrstelliger Millionenhöhe für eine Reihe Bahn-Funktionäre stecken. Abwegig ist das nicht.

Wir brauchen aber auch nicht nur „nach ganz oben“ zu schauen. Ist es nicht inzwischen normal, andere übers Ohr zu hauen? Ist es nicht täglich geübte Praxis von sich sonst seriös gebenden Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen und Privatpersonen?  Gibt es irgendeinen Richter, der böse wird, wenn eine Partei vor Gericht unwahr  vorträgt und damit zu betrügen versucht?  Ich kenne wirklich keinen! Man könnte darin eine Entwicklung sehen, die auf Verfall hindeutet.

Ich finde es gut, dass die Funktionäre in Haft gekommen sind, weil die Korruption offenkundig ist. Ich fände es gut, wenn der alte und neue FIFA-Präsident seinen Kollegen dort bald Gesellschaft leisten müsste und es würde mich freuen, wenn alle Funktionäre, die am Schaden unseres Landes geradezu unanständig verdienen und verdient haben, künftig wenigstens schlechter schlafen würden. Noch besser wäre es natürlich, wenn diese Damen und Herren es dann mit europäischen und auch deutschen Strafverfolgungsbehörden zu tun bekämen. Denn wenn wir in Europa eine Zukunft haben wollen, werden wir schon selbst auf unserem Kontinent aufräumen müssen.

 

 

 

Mindestlohn unterlaufen – geht das?

Klar geht das. Die arbeitsrechtliche Praxis zeigt schon jetzt, dass viele Arbeitgeber versuchen, das neue Mindestlohngesetz zu unterlaufen.

Man kann Verständnis dafür haben, gibt es doch Unternehmen und Branchen, in denen die Umsetzung des Mindestlohnes eine schier unmögliche Aufgabe zu sein scheint. Da kommen gerne Spezialisten, die versprechen vertragliche Lösungen, mit denen man angeblich die Zahlung des Mindestlohnes vermeiden kann. Vorsicht ist angebracht.

Das größte Problem besteht in der fehlenden Rechtssicherheit. Wenn man das Gesetz nicht genau umsetzt, hat man ein Rechtsproblem, zu dem es noch keine Rechtsprechung gibt. D.h. die Frage, ob eine bestimmte vertragliche Regelung legal ist oder nicht, wird erst in mehreren Jahren entschieden sein.  Und wenn sich dann herausstellt, dass das Gesetz unterlaufen wurde, sind die Ansprüche der Arbeitnehmer immens. Denn der Arbeitnehmer kann rückwirkend für drei Jahre seine Ansprüche geltend machen. Ausschluss- und Verfallklauseln greifen hier nicht.

Dann geht es nicht nur um Geld. Wer den Mindestlohn nicht zahlt, macht sich strafbar. Ein guter Unternehmer ist daher gut beraten, das Problem betriebswirtschaftlich zu lösen und nicht mit juristischen Tricks.  Das bedeutet nicht, dass gut darauf geachtet werden sollte, ob die Verträge tatsächlich so gestaltet sind, dass alles, was für die Zahlung des Mindestlohnes angerechnet werden kann, auch tatsächlich angerechnet wird.

Arbeitnehmer dagegen haben es leichter. Bekommen sie nicht ihren Mindestlohn, können sie erst einmal abwarten. Der Arbeitgeber nimmt sich bei ihnen einen ziemlich teuren Kredit. Und wenn er fällig ist, sollte er in der Lage sein, das bezahlen zu können. 

3 Jahre für Middelhoff – zu viel?

3 Jahre hat Thomas Middelhoff bekommen. Er hatte eine Festschrift für Mark Wössner herausgegeben und diese dem ehemaligen Chef von Bertelsmann, seinem Förderer und Vorgänger im Amt, geschenkt. ARCANDOR, der Karstadt - Konzern, der zu dieser Zeit schon in Schwierigkeiten war, bezahlte die Rechnung: 150.000,00 € zzgl. MWSt. Privat veranlasste Flüge rechnete Middelhof ebenfalls auf Kosten seines Arbeitgebers ab. Insgesamt wurde der Schaden auf ca. 500.000,00 € beziffert.
Ulli Hoeneß wurde zu 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt und hatte Steuern in Höhe von fast 30 Millionen überzogen.  
Bei Middelhoff wurde strafschärfend berücksichtigt, dass er uneinsichtig war. Bei Hoeneß wurde berücksichtigt, dass ihm das ganze unheimlich leid tat.
Ich habe vor ein paar Jahren eine Frau verteidigt, die in erster Instanz vom Amtsgericht wegen Untreue mit einem Schaden von knapp 100.000,00 € zu zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt worden war und das, obwohl sie zwei minderjährige schulpflichtige Kinder hatte. Die Frau hatte in der ersten Instanz keinen Verteidiger gehabt.
In Sachsen jedenfalls wird in Wirtschaftsstrafsachen hart vorgegangen. Vor allem gegen die, die sich nicht mehr wehren können, weil sie am Boden liegen. Regelmäßig werden Unternehmer, die mit ihren Unternehmen pleite gegangen sind, strafrechtlich verfolgt. Sie haben Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt, Bilanzen zu spät erstellt oder mit dem Insolvenzantrag zu lange gewartet. Dafür soll es zwischen den Staatsanwaltschaften und Gerichten abgesprochene Tarife geben. Auf individuelle Schuld, Bereicherungsabsicht oder Täuschungshandlungen kommt es nicht an. Und es werden Freiheitsstrafen verhängt, die sich gewaschen haben.
So gesehen wurde Middelhoff nicht hart bestraft.  Er ist sogar gut weggekommen. Gegen Hoeneß schneidet er natürlich schlecht ab. Aber gegen Hoeneß ist Middelhoff eben inzwischen auch nur noch eine arme Wurst. Und wenn man eine arme Wurst ist, darf man bei Gericht nicht auf Milde hoffen.

Was ist eigentlich ein Unrechtstaat?

Es gibt derzeit eine Diskussion, ob es wichtig ist, dass man die DDR als Unrechtsstaat bezeichnet. Daran soll man einen Demokraten erkennen können. Die Diskussion verdient Beachtung.

War die DDR damals ein Unrechtsstaat? Ist die BRD heute ein Rechtsstaat? Was ist eigentlich ein Unrechtsstaat? Was ist ein Rechtsstaat?

Der Begriff Rechtsstaat ist einigermaßen klar. Die alte Bundesrepublik war – auffällig wohl erst in den 60er und 70er Jahren - als Rechtsstaat schon ziemlich einzigartig.  Es gab nicht viele Länder auf der Welt, nicht einmal in Europa, in denen der normale Bürger gegen ein geplantes Großvorhaben (Autobahn, Kraftwerk, Mülldeponie) mit Rechtsmitteln vorgehen konnte. Das Grundgesetz, welches die BRD erst zum Rechtsstaat machte, in dem es alle staatliche Gewalt Recht und Gesetz unterstellte, verpflichte dazu alle staatlichen Organe, ihre Entscheidungen, mit denen Bürger belastet werden, zu begründen und dem Bürger gegen alles ihn beeinträchtigendes staatlichen Handeln effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Daran erkennt man einen Rechtsstaat.

Der Begriff Unrechtsstaat taugt deshalb wenig. Es gab in der DDR keinen Rechtssatz, der dem Staat gebot, willkürlich zu entscheiden oder seine Entscheidungen nicht zu begründen. Die Bürger konnten sich gegen Unrecht wehren und die Rechtsmittel, die der Einzelne z.B. am Arbeitsplatz hatte, waren vermutlich effektiver als sie es heute sind. Sicher gab es von Seiten des Staates gemeines Unrecht und die, die vom Staat als Abweichler drangsaliert, eingesperrt oder verfolgt wurden, verdienen unser Mitgefühl, unseren Respekt und unsere Hochachtung vor ihrer Widerstandsleistung. Wäre die DDR aber ein Unrechtsstaat gewesen, dann müssten Richter Unrichter, Rechtsanwälte Unrechtsanwälte, Lehrer Verführer und alle, die sich am kollektiven Unrecht in keiner Weise beteiligen konnten, Opfer gewesen sein.  Ich glaube nicht, dass der Begriff trifft und halte diese Diskussion auch nicht für zielführend.

Zielführend ist es, Unrecht als solches erkennen, wiedergutmachen und für die Zukunft vermeiden zu wollen. Zielführend ist es, nach dem Recht und damit nach materieller Gerechtigkeit zu streben. Und zielführend ist vor allem, sich hier und jetzt darum zu sorgen. Denn es gibt zu viele Rechtsanwälte, die sich darauf spezialisiert haben, Unrecht als Recht zu verkaufen. Es gibt zu viele Richter, denen es egal ist, ob ihre Entscheidungen materiell richtig sind und zu viele Entscheidungen, die deswegen gar nicht mehr oder nur scheinbar begründet werden. Es gibt zu viele Politiker und zu viele (angestellte!) Vorstände von Banken und großen Konzernen, die nur an ihr eigenes Wohl denken.  Und deshalb gibt es leider zu viel Unrecht in unserem Rechtsstaat.

Meine Lebenspartnerin und ich gedenken heute des Jahrestages und haben auf das Erreichte ein Glas Sekt getrunken. Wir sind Wiedervereinigung. Ost und West. Trotzdem haben wir den gleichen Traum von einer gerechten Welt. Warum eigentlich „trotzdem“? 

BGH stärkt Falschparkern den Rücken

So (oder ähnlich) die Headline von zahlreichen Nachrichtenagenturen (u.a. Spiegel-Online) zu einer Entscheidung des BGH vom 04.07.2014 (V ZR 229/13), als diese mit dem Leitsatz und einer Pressemeldung veröffentlicht wurde. Jetzt ist die Entscheidung im Volltext da.

Tatsächlich hat sich der BGH schon mehrfach mit Abschlepp-Fällen beschäftigt und tatsächlich war die Entscheidung weder überraschend noch hat der BGH seine Liebe für Falschparker entdeckt. Denn bestätigt hat der BGH ein weiteres Mal, dass der, der ungefragt auf einem Privatgrundstück parkt, verbotene Eigenmacht begeht, gegen die sich der Eigentümer oder Besitzer des Grundstückes zur Wehr setzen darf. Dazu darf er ein Abschleppunternehmen beauftragen, damit es den Wagen abschleppt. Und sein Fahrzeug – auch das hat der BGH bestätigt – bekommt der Falschparker nur zurück, wenn er die Kosten bezahlt.

Im konkreten Fall hat der BGH die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Gefordert waren 297,50 €.  Das Landgericht hatte 175,00 € für angemessen gehalten. Beide Parteien waren in Revision gegangen. Nun muss das Landgericht erneut entscheiden, was angemessen ist.

Der BGH hat dafür klargestellt, dass das durch einen Vergleich der örtlich üblichen Kosten zu geschehen hat: „Unmittelbar vergleichbar sind (dabei) nur die Kosten, die andere Unternehmen für das Abschleppen fremder Fahrzeuge von privaten Grundstücken verlangen. Diesen reinen Abschleppkosten sind diejenigen Kosten hinzuzurechnen, die für vorbereitende Maßnahmen entstehen, soweit sie ersatzfähig sind. Dabei ist regionalen Unterschieden dadurch Rechnung zu tragen, dass nur die am Ort der Besitzstörung üblichen Kosten in den Vergleich einbezogen werden.“  So die überhaupt nicht überraschende Entscheidung des BGH.

Wenn man einen solchen Vergleich vornimmt, habe ich überhaupt keine Zweifel, dass das Abschleppunternehmen am Ende sein Geld bekommen wird.

Bei den Publikationen zu dieser Thematik spielt der ADAC eine unrühmliche Rolle. Er schürt die Emotionen gegen die angeblich unseriösen Abschleppunternehmen, die viel zu viel verlangen würden. ADAC – Vertragsunternehmen schleppen regelmäßig gar keine Falschparker ab, nehmen aber für vergleichbare Leistungen als Pannenhilfe ähnliche Preise. Denn beim Abschleppen von Falschparkern geht es  - technisch gesehen – um das Bergen eines Fahrzeugs. Anders als beim Abschleppen eines liegengebliebenen Fahrzeugs übergibt der Falschparker dem Abschleppunternehmer regelmäßig nicht seinen Fahrzeugschlüssel. Das Fahrzeug muss also auf ein Bergefahrzeug gehoben werden. Hinzu kommt ein nicht unerheblicher Aufwand, der bei der Pannenhilfe nicht anfällt.

Was ist an der Entscheidung des BGH so besonders, dass sie eine derartige Beachtung gefunden hat? Es sind die Emotionen, die das Abschleppen eines Fahrzeuges immer wieder hervorrufen. Für viele ist der Gedanke, dass ein Dritter das geliebte Auto nicht nur ungefragt anfasst, sondern auch noch hochhebt, mitnimmt und nur gegen Zahlung eines Lösegeldes wieder herausgibt per se so unanständig, dass darüber der Verstand aussetzt. Und so kommt es dann dazu, dass sich am Ende sogar der BGH damit beschäftigen muss.

Mein Rat an die Autofahrer: Nicht auf fremden Grundstücken ohne Erlaubnis parken! Wenn es doch mal passiert ist und das Auto wurde abgeschleppt: Zahlen! Nicht ärgern! Der Böse ist man in diesem Fall selbst. Sagt jedenfalls der BGH.

Bernie Ecclestone - freigekauft?

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sprach von einem Deal, der eine Frechheit sei und der Rechtsordnung widerspräche. Ich habe schon Klügeres von der Grande Dame der deutschen Justiz gehört.

Als Außenstehender kann man einen Strafprozess schlecht beurteilen. Als Strafverteidiger aber weiß ich, dass eine Einstellung nach § 153a StPO oft das einzige ist, was man erreichen kann. Wulff hatte man die Einstellung nach § 153 a angeboten. Er hätte nur 20.000,00 € zahlen müssen. Wulff hat den Prozess vorgezogen, einen Freispruch bekommen und doch verloren. Ecclestone zahlt 75 Mio Euro, klopft dem Staatsanwalt auf die Schulter und hat gewonnen. Der Staat hat auch gewonnen. Hier waren anscheinend alle mit Augenmaß dabei.

Was mich ein wenig wundert ist die Tatsache, dass kaum jemand thematisiert, warum Ecclestone so viel Geld zahlen musste, obwohl sich alle einig waren, dass eine Verurteilung gar nicht mehr wahrscheinlich war. Durfte der Staat unter diesen Umständen überhaupt noch an der Anklage festhalten? Vermutlich ja. Vermutlich hätte man – nachdem das Verfahren einmal eröffnet war – noch viel aufklären müssen.

Ein Deal ist eine Einstellung nach § 153 a StPO nicht. Es ist eine Verfahrensbeendigung, die von allen Prozessparteien Augenmaß verlangt. Hier – so habe ich den Eindruck – waren alle klug. Vor allem Ecclestone, der wusste wie wenig 75 Mio Euro sind, wenn es darum geht, sich für einen erheblichen Teil der Lebenszeit noch die Lebensfreude zu erhalten. Die Staatsanwaltschaft, die hier – soweit ich das überblicken kann – auch nicht mit inquisitorischer Verve vorgegangen ist und das Gericht, dass die Risiken und Chancen nüchtern abgewogen hat, scheinen mir auch klug vertreten gewesen zu sein.

Dass regelmäßig auch bei den sog. kleinen Leuten Verfahren so eingestellt werden, ist bekannt. Dabei habe ich aber schon oft erlebt, dass die die einzigen sind, von denen Klugheit erwartet wird und die unter der zu zahlenden Auflage sehr zu leiden haben. 500 Euro zu bezahlen, um vom Staat nicht weiter behelligt zu werden, ist für viele schmerzhafter als für Ecclestone die 100 Mio Dollar.  Da sollte vielleicht manchmal die Justiz mehr überlegen, ob sie nicht – bevor sie jemanden zur Zahlung einer Geldauflage nötigt – sorgfältiger abwägt, ob sie nicht Anlass hat, den Vorwurf fallen zu lassen.