Eigentumswohnung als Wohnheim für Flüchtlinge?

Die Flüchtlingsproblematik und das Wohnungseigentumsrecht. 

Das Vertragsrecht hat viele Facetten. Eine davon gibt das Wohnungseigentumsrecht. Wer eine Eigentumswohnung besitzt, darf– wie jeder Eigentümer – mit seinem Eigentum nach Belieben verfahren. Die Besonderheit einer Wohnungseigentumsanlage bringt es allerdings mit sich, dass die Rechte des einen leicht die Belange der anderen beeinträchtigen können. Deswegen wird der Umfang der zulässigen Nutzung zumeist in der Teilungserklärung geregelt. Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) bestimmt, dass eine Wohnung zu Wohnzwecken genutzt werden darf, es regelt die Rechte und bestimmt, dass diese ihre Grenzen in den berechtigten Interessen der anderen Wohnungseigentümerfinden.

Von einer größeren Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt, bin ich auf eine interessante Fallgestaltung gekommen, die offenbar inzwischen gängige Verwaltungspraxis ist: Ein Wohnungseigentümer hatte seine Wohnung (65 m²) an ein Landratsamt vermietet, damit diese die Wohnung zur Unterbringung von Flüchtlingen nutzen kann. Als das Landratsamt die Wohnung mit 4 Doppelstockbetten möblierte, wurden die anderen Wohnungseigentümer dies gewahr und waren damit ganz und gar nicht einverstanden.

Die Eigentümer befürchteten bei einer solchen Nutzung eine Beeinträchtigung ihrer Rechte. So sei bei einer Belegung der kleinen Wohnung mit 8 Einzelpersonen eine verstärkte Abnutzung des Gemeinschaftseigentumes und vor allen Dingen eine Störung des häuslichen Friedens zu besorgen. Weiter sorgten sie sich um mögliche Angriffe von rechten Gewalttätern.  Weder der Eigentümer noch die Behörde wollten für diese und andere Risiken die Haftung übernehmen.

Die Fragestellung  der Eigentümergemeinschaft lautete: Durfte der Wohnungseigentümer seine Wohnung so an das LRA vermieten?

Nach einem Papier der Landeshauptstadt Dresden nennt man eine so von dem Ausländeramt angemietete Wohnung Gewährleistungswohnung. Die Wohnung soll gewährleisten, dass die Behörde die ihr zugewiesenen Flüchtlinge unterbringen kann. Diese Behörde geht davon aus, dass die Nutzung kein bürgerlich-rechtliches Mietverhältnis ist, vielmehr handelt  essich um ausgelagerte Plätze von Übergangswohnheimen.  Beschäftigt man sich mit der Materie, bekommt man mit, dass die Anmietung von Eigentumswohnungen zu diesem Zweck gängige Verwaltungspraxis ist.

ZweiGerichte haben sich in der jüngeren Vergangenheit mit der Problematik beschäftigt. Das AG Laufen, Urteil vom 4.2. 2016, AZ 2 C 565/15, und das AG Traunstein, Beschluss vom 18.9.2015, AZ 319 C 1083/15. Beide Gerichtehaben die Nutzung unter Berufung auf eine Entscheidung des BGH vom 15.1.2010, AZ V ZR 72/09, als zulässig erachtet. Bei dieser Entscheidung ging es allerdings um die Nutzung einer Eigentumswohnung als Ferienwohnung.  Klar hatte sich dagegen bereits 1991 das Oberlandesgericht Hamm positioniert, welches in einer Entscheidung vom 26.9.1991, AZ 15 W 127/91, die Nutzungdes Sondereigentums (also der Eigentumswohnung) „als Wohnheim für einen fortlaufend wechselnden Personenkreis“ nicht als Nutzung zu Wohnzwecken und damit als unzulässig ansah. In dieser Entscheidung ging es um eine Nutzung der Wohnung für Aussiedler. 

Die Ausgangsfrage, ob die Vermietung der Wohnung durch den Eigentümer an das Landratsamt zulässig war oder nicht, kann man also als von der Rechtsprechung abschließend nicht entschieden ansehen. Ich halte sie eindeutig für nicht erlaubt. Die Praxis der Behörden, mit einzelnen Wohnungseigentümern solche Verträge abzuschließen, obwohl man davon ausgehen kann, dass die Wohnungseigentümergemeinschaften in aller Regel damit nicht einverstanden sein werden, ist allerdings mehr als fragwürdig. Immerhin hat ein ausgesprochen angesehenes Oberlandesgericht eine solche Nutzung bereits als mit dem Wohnungseigentumsgesetz nicht vereinbar angesehen.